Sorge um weitere Auswirkungen von Corona auf dem Arbeitsmarkt
SPD-Abgeordnete informieren sich bei Agentur für Arbeit
Knapp 20.000 Menschen waren im Juni 2019 in ganz Unterfranken arbeitslos gemeldet, genau ein Jahr später sind es knapp 28.000. Das entspricht einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 2,6 auf 3,6 Prozent. Das berichtet die Bundesagentur für Arbeit (AA) bei einem Informationsgespräch mit den SPD-Landtagsabgeordneten Volkmar Halbleib und Martina Fehlner sowie dem SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel. Außerdem nahm der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Würzburger Stadtrat Alexander Kolbow an dem Treffen teil. Stefan Beil (Leiter AA Würzburg), Mathilde Schulze-Middig (Leiterin AA Aschaffenburg) und Thomas Stelzer (Leiter AA Schweinfurt) führen den Anstieg überwiegend auf die Corona-Krise zurück. „Mit einer Steigerung von 40% innerhalb eines Jahres liegt Unterfranken damit auch etwa im Bundesschnitt“, bestätigt Rützel, selbst Mitglied im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales.
Doch Panik wolle man nicht verbreiten, da sind sich die Gesprächspartner einig. „Seit der Finanzkrise ging es auf dem Arbeitsmarkt stets nach oben. Über zehn Jahre Aufschwung, das ist schon sehr ungewöhnlich“, erklärt Beil. Und seine Kollegin Schulze-Middig ergänzt: „Der Sprung bei den Arbeitslosenzahlen gibt uns noch keinen Anlass zu großer Sorge. Schließlich spricht man bei einer Quote zwischen zwei und drei Prozent von Vollbeschäftigung“. Die aktuellen Zahlen seien vergleichbar mit dem Stand von 2013. Halbleib lobt das Instrument der Kurzarbeit, das eine Massenarbeitslosigkeit wie beispielsweise in den USA verhindert hätte.
Dennoch mahnt Rützel zur Vorsicht: „Anfang des Jahres hatten wir eine Rücklage von 27 Milliarden Euro in der Arbeitslosenversicherung, die wir über einen Zeitraum von zehn Jahren aufgebaut haben. Am Ende des Jahres wird diese verschwunden sein und der Bund muss auch noch zuschießen“. Stelzer erklärt: „Wir müssen immer dann investieren, wenn der Arbeitsmarkt angespannt ist“.
Ein wichtiges Anliegen der SPD-Abgeordneten ist die Entwicklung der Zahlen der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. „Wir brauchen gute Arbeit in unserer Region“, fordert Fehlner. „Mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte heißt auch mehr Gerechtigkeit“. Zwischen 2014 und 2019 sind in Unterfranken nochmals knapp 50.000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen dazugekommen. Ein stetiger Anstieg, der durch die Corona-Krise gestoppt werden könnte. Zahlen für Unterfranken wird es erst zum Jahresabschluss geben, doch bayernweit sind die Zahlen erstmals seit fünf Jahren wieder rückläufig.
Der Ausbildungsstart im September wird vermutlich von der veränderten Lage am Arbeitsmarkt nur leicht betroffen sein. „Die meisten Betriebe wollen trotzdem ausbilden. Bisher gibt es kaum Stornierungen von Ausbildungsverträgen. Auf 100 Bewerber kommen noch immer 180 offene Ausbildungsstellen“, berichten die BA-Leitungen.
Einig waren sich Politik und Agentur in der Einschätzung, dass sich die realen Auswirkungen von Corona auf den Arbeitsmarkt erst in den nächsten Monaten vollständig zeigen werden. Neben den kurzfristigen Auswirkungen der Krise ist der unterfränkische Arbeitsmarkt auch mit der Situation auf dem Weltmarkt und den Herausforderungen langfristiger Strukturwandel konfrontiert. „Vor allem unseren regionalen Automobilzulieferern stehen große Umstrukturierungen bevor. Deshalb fordern wir ein fränkisches Innovationscluster für die Automobilzuliefererindustrie. Es ist wichtig jetzt zu zeigen, dass wir nicht in die Abwicklung, sondern in die Zukunft der Zulieferindustrie investieren“, so Halbleib. Mittel aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung sollen dabei helfen. Somit könnten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise auch positive Effekte auf bereits zuvor bestehende Probleme haben.