Von Erdogan über Fracking bis zur Legalisierung von Cannabis
Anlässlich des bundesweiten Europa-Projekttags besuchte Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib die Klasse M 9 A an der Mittelschule Veitshöchheim, um sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler zu stellen. Rektor Otto Eisner verwies in seiner Einführung auf die gemeinsame Währung und die Reisefreiheit. Halbleib machte deutlich, dass die negativen Erfahrungen aus den beiden Weltkriegen letztlich Triebfeder für ein gemeinsames Europa waren. „Vor mir hatte jede Generation in meiner Familie mit Krieg und seinen Folgen zu tun. Erst Europa hat nach 1945 Frieden geschaffen“, so Halbleib. Doch das sei nicht selbstverständlich, im Hinblick auf die stärker werdenden nationalistischen Strömungen in vielen Ländern der EU, müsse man deutlich machen: „Nationalismus statt Europa ist brandgefährlich und kann auch im 21. Jahrhundert zur Spaltung Europas und letztlich wieder zu Krieg führen“.
Auf Nachfragen der Schüler zu Le Pen in Frankreich und den EU-kritischen Regierungen in Ungarn und Polen zeigte sich Halbleib enttäuscht, „dass wieder auf die nationale Karte gesetzt werde, dabei erreiche man gemeinsam mehr“. Die Schüler fragten ihn nach seiner Einschätzung des zukünftigen Verhältnisses von Türkei und EU nach dem gewonnenen Verfassungsreferendum von Erdogan. Halbleib zeigte sich überzeugt, dass zu den massiven Einschränkungen der Menschenrechte und zu den Massenverhaftungen in der Türkei eine klare Haltung eingenommen werden muss. Wichtig sei aber dennoch, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und der Türkei eine Perspektive der Zusammenarbeit mit Europa zu bieten.
Dass die Nutzung des Mobilfunknetzes teuer sei, liege nicht an den europäischen Institutionen. Die würden sich gerade für den Verbraucherschutz besonders stark machen. Immerhin würden ab Mitte Juni zumindest die Roaminggebühren gesenkt. Die Entwicklung beim Bezahlen mit dem Handy sieht Halbleib in Deutschland noch am Anfang. Beim bargeldlosen Bezahlen seien andere Länder schon weiter, aber auch in Deutschland komme eine Entwicklung in Gang.
„Was wäre passiert, wenn Le Pen die Präsidentschaftswahlen gewonnen hätte und aus der EU ausgestiegen wäre?“, war eine weitere Schülerfrage. Halbleib erläuterte, dass das Ausscheiden des wichtigsten Gründungsmitglieds der EU eine massive Gefährdung der europäischen Zusammenarbeit bedeutet hätte, mit nicht wieder gut zu machenden negativen Folgen für Frankreich und Deutschland. „Die Franzosen haben das bei der Wahl Gott-sei-Dank auch so gesehen“, freute er sich.
Was ist seine Vision von Europa? Was möchte er gerne erreicht haben? „Die Devise kann weder ein europäisches Durchwursteln mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner noch ein Weiter-so sein. Es gibt viele Herausforderungen, viele Dinge müssen besser geregelt werden, wie etwa eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Flüchtlingspolitik“, so Halbleib. Hier habe Europa auch wegen der deutschen Haltung zu spät reagiert und zu wenig Geld für die Bekämpfung der Fluchtursachen bereitgestellt. Halbleib machte sich für einen Vorschlag stark: „Um Europa im wahrsten Sinn erfahrbar zu machen, sollte man allen jungen Leuten nach Schule oder Ausbildung eine kostenlose Interrail-Karte für ein Jahr zur Verfügung stellen“. Das wäre für Halbleib ein Signal für einen europäischen Aufbruch.
Die Fragen der Klasse M 9A bezogen sich aber nicht nur auf Europa, sondern auch ganz andere Dinge bewegten die Schüler. Sie interessierten sich auch dafür wie Halbleib zum Einsatz von Fracking und zur Legalisierung von Cannabis steht. Das Thema Fracking sah Halbleib kritisch. Während Fracking bei der Erdwärmenutzung unkritisch sei, muss man bei der Förderung von Öl und Gas die Chemikalien einsetzen, die Trinkwasser gefährden könnten. Was die Legalisierung von Cannabis betrifft, tut sich Halbleib persönlich schwer, dies komplett freizugeben, weil Cannabis nach wie vor als Einstiegsdroge für härtere Drogen gelte und die Erfahrungen in Holland seien nicht nur positiv.