„Das Thema Wasser macht uns in Mainfranken zunehmend Sorge!“

06. Oktober 2017

SPD-Landtagsabgeordnete Halbleib und Scheuenstuhl stellen kritische Zustandsanalyse zum Trinkwasser, zur Grundwasserneubildung und zum Schutz vor Starkregenereignissen vor.

Wasser in Mainfranken – ein Thema, das der SPD-Landtagsfraktion zunehmend Kopfzerbrechen bereitet. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Landtag Volkmar Halbleib (Landkreis Würzburg) stellte zusammen mit dem umweltpolitischen Sprecher Harry Scheuenstuhl (Mittelfranken) eine kritische Zustandsanalyse vor, verbunden mit einem Katalog von notwendigen Gegenmaßnahmen.

Die Hauptsorge der Abgeordneten gilt dabei der Trinkwasserqualität. „Die Qualität und chemische Belastung vieler Grund- und Trinkwasserspeicher in Mainfranken müssen Anlass zur Sorge sein“, so MdL Volkmar Halbleib. In Unterfranken wird über 20 % des Trinkwassers (Rohwasser vor Behandlung) mit einem Nitratgehalt über dem Grenzwert von 50,0 mg/l entnommen. Damit hat Unterfranken mit weitem Abstand das am stärksten mit Nitrat belastete Grundwasser. Deutlich niedriger folgt die Oberpfalz mit 7,6 %, dann Mittelfranken mit 5,0 %. Bei den anderen Regierungsbezirken ist dieser Wert minimal: bei Niederbayern 1,8 %, bei Oberbayern 0,5 %, bei Oberfranken 0,3 und bei Schwaben nur 0,1 %. Während in Gesamtbayern der Anteil des hoch mit Nitrat belasteten Wassers stagniert, wird die Situation in Unterfranken schlechter. So stieg der Anteil der den Grenzwert überschreitenden Wassermenge von 16,9 % im Jahr 2014 auf 20,4 % im Jahr 2015 an.

Eine ähnliche negative Entwicklung ist leider bei der Belastung mit Pflanzenschutzmitteln zu verzeichnen. Während 2013 nur bei 57 Wassergewinnungsanlagen Pflanzenschutzmittel nachgewiesen wurden, sind es 2015 bereits 74. Fast 25 % (24,6%) des geförderten Trinkwassers in Unterfranken ist mit Pflanzenschutzmittel belastet, das ist jeder 4. Liter, auch wenn der offizielle Grenzwert kaum überschritten wird. Als Gegenmaßnahmen fordern die SPD-Abgeordneten die schnellere und umfassendere Ausweisung von Wasserschutzgebieten, die Stärkung des Ökolandbaues, Gewässerrandstreifen von mindestens fünf bis zehn Metern und die konsequente Umsetzung der zum 1.07.2017 in Kraft getretenen Düngeverordnung: „Wir brauchen gerade in Mainfranken einen flächendeckenden Grundwasserschutz“, ist SPD-Umweltpolitiker Harry Scheuenstuhl überzeugt.

Sorgen bereiten den SPD-Politikern aber auch die Folgen des Klimawandels in Unterfranken, die sich in zwei gegensätzlichen Phänomenen bemerkbar machen. Zu viel Wasser bei den Hochwasser- und Starkregenereignisse in Mainfranken. Und zugleich zu wenig Wasser durch die extrem niedrigen Gesamtniederschläge der letzten Jahre.

Auch und gerade in Mainfranken haben die Starkregen- und Hochwasserereignisse der letzten Jahre ihre Spuren hinterlassen. Insbesondere die Starkregenereignisse im Mai 2016 haben in Stadt und Landkreis Würzburg zu erheblichen Schäden geführt. So haben die abfließenden Wassermassen und eine Schlammlawine vor allem im Raum Ochsenfurt und Giebelstadt erhebliche Schäden verursacht. Insgesamt wurden in Stadt und Landkreis Würzburg 769 Anträge auf finanzielle Unterstützung des Freistaates Bayern bewilligt, der Freistaat hat insgesamt 1.427.033,69 € an Unterstützung an die Hochwassergeschädigten ausgezahlt, so die Auskunft von Finanzminister Söder an den Landtagsabgeordneten Halbleib. Um Mainfranken fit für künftige Regenkatastrophen zu machen, fordert SPD-Umweltpolitiker Scheuenstuhl Gefährdungskataster für Kommunen, die Erstellung eines bayerischen Sturzflutatlas sowie die Verbesserung der Wasserrückhaltung und Erosionsschutzes. Vor allem aber, so Halbleib, „brauchen die Kommunen endlich mehr Unterstützung des Freistaates beim Hochwasserschutz.“ Anders als die Staatsregierung wollen die SPD-Politiker an der Katastrophenhilfe des Staates für Hochwasseropfer auch über 2019 festhalten: „Erst müssen die Hausaufgaben des Freistaates beim Hochwasserschutz erledigt werden und ein bezahlbarer Versicherungsschutz entwickelt werden. Wir sollten die Menschen nicht im Regen stehen lassen.“

Im jährlichen Mittel bekommt Mainfranken allerdings viel zu wenig Regen ab, was zu zunehmenden Nutzungskonflikten um die Grund- und Oberflächenwasser-bestände Mainfrankens führt, wie Halbleib am Beispiel des Würzburger Nordosten belegt. So seien im Jahr 2015 die Grundwasserpegel im Bereich der Bergtheimer Mulde bis zu 5 Meter abgefallen. Die Grundwasserneubildungsrate lag 40 % unter den Werten der Vergangenheit. Nach drei extremen Trockenjahren 2014, 2015 und 2016 und einem regenarmen Jahresbeginn 2017 hat sich das Grundwasser im Würzburger Norden noch nicht erholt. Während in Südbayern die durchschnittliche Grundwasserneubildung bei 206 mm/Jahr und in Unterfranken bei 100 mm pro Jahr liegt, betrug sie in der Bergtheimer Mulde zuletzt 30 mm pro Jahr.

Zugleich hat sich die mittlere Jahrestemperatur in Bayern seit 1980 um drei Grad Celsius erhöht, ein Trend der anhalten wird, ist Harry Scheuenstuhl überzeugt. Die Sommertage, d.h. die Tage mit über 25 Grad Celsius werden von derzeit 45 Tagen auf 66 Tage in 2050 und 90 Tage in 2100 ansteigen. Die heiße Tage, d.h. die Tage mit Temperaturen über 30 Grad steigen von derzeit 5 Tagen auf 19 Tage in 2050 und 35 Tage in 2100 an. In den letzten Jahren führten die hohen Temperaturen zu kritischen Situationen im Weinbau, so dass steigender Wasserbedarf auch ohne Ausweitung der Anbaufläche entsteht. Beim Anbau von Sonderkulturen zeigt sich ein deutlicher Flächenanstieg. So stiegen die Sonderkulturen im Landkreis Würzburg von 556 Hektar im Jahr 2006 auf 1.009 Hektar im Jahr 2015 an. Damit hat sich die Anbaufläche des wasserintensiven Anbaus innerhalb von 10 Jahren fast verdoppelt. Damit verbunden ist ein deutlich zunehmender Bedarf an Wasser, der sich in einer außerordentlich hohen Zahl privater Brunnen niederschlägt. Von 99 Brunnen im Landkreis Würzburg liegen allein 66 und damit zwei Drittel auf dem Gebiet der Gemeinden Bergtheim und Unterpleichfeld. Um die Nutzungskonflikte zu entschärfen legen die SPD-Landtagsabgeordneten ein ganzes Maßnahmenbündel vor. Das reicht von einem deutlich strengeren Kontrollregime für die Grundwasserentnahmen über die gemeinsame Bewirtschaftung des Grundwassers in transparenten öffentlichen Wasserverbänden und den Einsatz wassersparender Produktionsweisen. Die größte Herausforderung ist für Halbleib und Scheuenstuhl aber die Überlegung, dem Main Wasser zu Hochwasserzeiten zu entnehmen und über Rohrsysteme in Speicherseen zu führen, um in Sommerspitzen Sonderkulturen zu bewässern. Halbleib: „Das sind Konzepte, die einer dritter Flurbereinigung in Mainfranken gleichkommen.“

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