230 Beschäftigte sowie rund 45 Anleiter und Unterstützungskräfte arbeiten in der Werkstätte des St. Josefs Stiftes in Eisingen, erläuterte Werkstattleiter Thorsten Hellberger. Zur Betriebsbesichtigung mit anschließendem Gespräch hatten Bezirkstagsvizepräsidentin Eva-Maria Linsenbreder und ich den stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden MdB Ralf Stegner ins St- Josef-Stift eingeladen, wo Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen leben und arbeiten.
Bernhard Götz, Geschäftsführer des Stiftes, führte die Gäste aus der Politik durch Werkstätte und Wohnbereich. Begleitet wurde wir von SPD-Kreisräten, Kommunalpolitikern vor Ort und der Vorsitzenden des Bewohnerrates Carolin Steger. Kunden der Werkstätten, so Hellberger, sind renommierte Firmen aus der gesamten Region. Als Lieferant müsse die Werkstätte sich mit der Konkurrenz aus der freien Wirtschaft messen. Für die in Eisingen gefertigten Produkte gelten daher dieselben Maßstäbe und Qualitätsstandards wie dort.
Mindestens 70 Prozent des Betriebsergebnisses, erläuterte Einrichtungsleiter Götz, müsse das Stift laut gesetzlicher Regelung als Lohn an die Beschäftigung auszahlen. Tatsächlich lande sogar einiges mehr bei den Mitarbeitern, versicherte Götz. Rechne man alle Leistungen zusammen, summiere sich das Gehalt fürs Werkstattpersonal auf einen Stundensatz über dem Mindestlohn.
Beim abschließenden Gespräch adressierten Götz und der Vereinsvorsitzende Ernst Hestermann drei dringliche Anliegen an die politischen Entscheidungsträger in Bezirk und Landtag sowie auf der Bundesebene. Im Stift sind vor allem Heilerziehungs-pfleger und Heilerziehungspflegehelfer für die Betreuung der Bewohner zuständig. Dringend verbessert werden, müssten dabei die Möglichkeiten von geeigneten Bewerber mit Migrationshintergrund, verdeutlichte Götz: „Leider sind die Vorgaben so restriktiv, dass viele Potentiale nicht genutzt werden können.“
Das zweite und dritte Ausbildungsjahr, das sich an die einjährige Helferausbildung anschließe, sei aus rein sprachlichen Gründen oft eine zu große Herausforderung für Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch sei. In solchen Fällen sei es hilfreich, nach der Helferprüfung eine Phase der Berufspraxis einzuschieben und erst ein, zwei Jahre später weiter durchzustarten.
Die bayerische Abschiebepraxis mache das aber unmöglich, denn vielen Betroffenen drohe dann sofort die Abschiebung. „Deshalb raten wir oft, die Ausbildung gleich fortzusetzen, im Bewusstsein der Sinnlosigkeit“. Für die Betroffenen und den Ausbildungsbetrieb eine sehr belastende Situation, gegen die auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Gründe sprächen. Zum einen brauche man angesichts des gravierenden Fachkräftemangels in allen Pflegeberufen dringend Nachwuchs, zum anderen, bestätigten mein Parteikollege und ich übereinstimmend: „Wir sollten doch signalisieren, dass sich Integration lohnt und nicht die gegenteilige Botschaft senden.“
Nötig sei außerdem, so Götz, für die in der Betreuung von behinderten Menschen mit Mehrfachdiagnosen die Maximalzahl der Plätze in einer WG zu senken, von derzeit bis zu zehn auf maximal fünf. Auch eine deutlich bessere Personalausstattung sei hier nötig.
Bauchschmerzen bereitet dem Stift die derzeitige Finanzierungspraxis bei Bau und Sanierung. Der Zeitraum zwischen Baumaßnahme und Auszahlungstermin sei viel zu lange, so Vorstandsmitglied Hestermann. Bis zu siebenstellige Summen längere Zeit vorzufinanzieren, belaste selbst in der derzeitigen Niedrigzinsphase die Finanzen der Einrichtung erheblich.